Und bin ich etwa keine Frau? Die Rolle der Frauen in der Schwarzenbewegung

08.08.2006
Am 24. Oktober 2005 starb Rosa Parks im Alter von 92 Jahren. Vor 50 Jahren, am 1. Dezember 1955, war die Näherin auf dem Heimweg von der Arbeit in der Fabrik in Montgomery, Alabama. Als sie der Busfahrer aufforderte, ihren Sitzplatz für einen weißen Fahrgast zu räumen, weigerte sich Rosa und blieb sitzen. Um mit dem Bus zu fahren mussten Schwarze damals zuerst vorne beim Fahrer bezahlen, und dann im hinteren Teil des Busses einsteigen. Oft genug waren die Fahrer so gemein, wegzufahren und die Leute stehen zu lassen, nachdem sie ihr Ticket bezahlt hatten. Rosa Parks hat immer betont, dass sie nicht sitzen geblieben war, weil sie körperlich müde war - sie war nicht müder als nach jedem anderen Arbeitstag - sondern weil sie müde war, immer nachzugeben.

Rosa Parks wurde verhaftet und vor Gericht angeklagt. Doch mit ihrer mutigen Aktion hat sie einen Kampf der Schwarzen ins Rollen gebracht, die nicht mehr bereit waren, die Ungerechtigkeiten und Demütigen hinzunehmen. Bereits am nächsten Tag wurden in Montgomery 52.000 Flugblätter verteilt, die zum Boykott der Busgesellschaft aufriefen. Obwohl sie für Monate kilometerlang zu Fuß zur Arbeit gehen mussten, trotz der zahlreichen Repressionen, der Angriffe und sogar Bombenschläge des Ku-Klux-Klan, gaben die Schwarzen nicht auf. Nach einem Jahr des Kampfes wurde die Rassentrennung in den Bussen Alabamas aufgehoben. Doch mit diesem Sieg hatte der Kampf erst richtig begonnen. Die gewaltige Bürgerrechtsbewegung gegen das diskriminierende System war nicht mehr zu stoppen und endete schließlich in der Abschaffung der Rassendiskriminierung.

Die Bewegung gegen die Sklaverei

Von Beginn an hatten Frauen eine bedeutende Rolle in der Bewegung gegen die Sklaverei gespielt. Wie die ehemalige Sklavin Sojourner Truth (1797-1883), die 1851 mit ihrer berühmten Rede auf der Frauenversammlung in Akron, Ohio den Spott feindseliger Männer verstummen ließ:

"Ich habe gepflügt und gepflanzt und die Scheunen gefüllt, kein Mann konnte mich überbieten! Und bin ich etwa keine Frau? Ich konnte so viel arbeiten und ich konnte auch so viel essen wie ein Mann - wenn ich soviel bekommen habe - und ebenso ertrug ich die Peitsche! Und bin ich etwa keine Frau? Ich habe dreizehn Kinder geboren und zusehen müssen, wie die meisten als Sklaven verkauft wurden, und wenn ich in meinem Mutterschmerz aufschrie, hat mich niemand als Jesus gehört, Und bin ich etwa keine Frau?"

Unvergesslich bleibt Harriet Tubman (1826-1913), die Kundschafterin des legendären "Underground Rail", einer Organisation, die Sklaven auf der Flucht in den Norden unterstützte. Als Sklavin hatte sie von ihrem Vater gelernt, Bäume zu fällen, Holz zu spalten, sich lautlos durch den Wald zu bewegen und Nahrung und Medizin unter Wurzeln und Kräutern zu finden - Fähigkeiten, die später auf ihren neunzehn "Fahrten" in den Süden und zurück lebensnotwendig waren. Sie rettete das Leben von dreihundert Männern, Frauen und Kindern, wobei sie ihr eigenes Leben und ihre Freiheit riskierte. Mit Stolz behaupte sie, nicht einen einzigen "Passagier" verloren zu haben. Im Bürgerkrieg war führte sie als Scout der Unions-Truppen zahlreiche gefährliche Missionen an und genießt bis heute den Ruf, die einzige Frau zu sein, die jemals Truppen im Krieg anführte.

In der Abolitionsbewegung, der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei, engagierten sich aber auch zahlreiche weiße Frauen. Da sie selbst unter Unterdrückung litten, fiel es ihnen nicht schwer, sich mit ihren schwarzen Schwestern zu solidarisieren. Die Aktivität in der Bewegung bot den Frauen aber auch die Möglichkeit, aus der Enge von Heim und Herd zu entfliehen und sich öffentlich politisch zu betätigen. Aus den Erfahrungen im Kampf gegen die Sklaverei entwickelten sie Fähigkeiten, die sie auch sehr bald im Kampf gegen ihre eigene Unterdrückung anwendeten.

Die Schwestern Sarah (1792-1873) und Angelina Grimke (1803 -1879) waren die ersten Frauen in den Vereinigten Staaten, die öffentlich für die Abschaffung der Sklave­rei agitierten. Die beiden Schwestern wurden hef­tig kritisiert, da es für Frauen als nicht schicklich galt, über politische Themen zu sprechen. Das machte sie schmerzvoll auf ihre eigene Unterdrückung als Frauen aufmerksam. Die Spaltungsversuche zwischen Frauen- und Abolitionsbewegung wiesen sie scharf zurück und bestanden darauf, dass beides, die Gleichberechtigung für die Schwarzen und für die Frauen gleich wichtig seien.

Eine Pionierin, die sich für das Recht auf Bildung für Schwarze einsetzte, war Prudence Crandall (1803-1890). Als sie ein schwarzes Mädchen in ihrer Schule zuließ, die sie in den 1820er Jahren gegründet hatte, nahmen weiße Eltern ihre Töchter zornig aus der Schule. Daraufhin eröffnete sie eine Schule für schwarze Mädchen. Geschäftsleute weigerten sich, an Fräulein Crandall Waren zu verkaufen, der ansässige Arzt weigerte sich, die Schülerinnen zu behandeln, der Apotheker verweigerte die Medizin, Rowdys warfen die Schulfenster ein, gossen Jauche in den Brunnen und legten mehrere Feuer im Schulgebäude. Doch Prudence Crandall ließ sich nicht entmutigen und betrieb ihre Schule solange weiter, bis die Behörden 1832 ihre Verhaftung anordneten und die Schule schlossen. Bis dahin hatte sie aber die Epoche schon so entscheidend geprägt, dass sie trotz der Niederlage als Siegerin hervorging.

Frederick Douglass, der führende schwarze Freiheitskämpfer des 19. Jahrhunderts, der in so enger Beziehung zur Frauenbewegung stand, dass er oft als "Frauenrechtsmann" verspottet wurde, sagte:

Wenn eines Tages die wahre Geschichte der Antisklavereibewegung geschrieben wird, werden die Frauen auf ihren Seiten viel Platz einnehmen, denn die Sache der Sklaven war insbesondere auch die Sache der Frauen.

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Quelle: Angela Davis: Rassismus und Sexismus: Schwarze Frauen und Klassenkampf in den USA (Women, Race and Class), 1981

erschienen in: Talktogether Nr. 15/2006